Grundlage der Zusammenarbeit

Bei unserem Erstkontakt Ende 2001 habe ich Sylvia alle mir bis dahin bekannten Informationen über den 3 troop, die relevante Literatur (mit den Nennungen von Otto Hess /Peter Giles) und die Einzelheiten des Veteranentreffens 1999 in Aberdovey mitgeteilt.

Außerdem erfuhr sie von meinen Versuchen, eine Dokumentation über die Einheit und die Deutschland-Rückkehrer für ein deutschsprachiges Publikum zu realisieren.

Bis ich eine Antwort erhielt, verging allerdings fast wieder ein Jahr.

Wie sich herausstellte, hatte das War Office in den streng geheimen Personendaten von Otto Hess damals als Nächste Angehörige "W. Hess" (Ottos älteren Bruder Werner) mit einer Adresse in den USA angegeben. Sylvia nahm daraufhin Kontakt mit Peter Masters in den USA auf - und der fand dann die Familiengeschichte und die aktuelle Adresse der Hess in den USA heraus.

Werner und seine Frau waren bereits gestorben. Ihre Kinder bezweifelten aber zunächst Sylvias Verwandtschaft und verlangten einen Bluttest1. Geschockt und verunsichert durch diese Reaktion stellte Sylvia dann erst einmal alle weiteren Bemühungen ein.

So gegen Ende 2002 bekam ich von ihr schließlich die über ihren Vater registrierten Daten und Informationen, die ihr ein Jahr vorher vom Archiv des Verteidigungsministerium mitgeteilt worden waren.

Darauf bauten wir dann unsere weiteren Aktivitäten auf. 

Die Aufgabenteilung lautete, in Deutschland und England so viel wie möglich über Herkunft, Person und Leben von Otto Hess zu recherchieren.

Das gemeinsame Ziel: Die Veröffentlichung von Otto Hess' Lebensgeschichte in einer möglichst publikumswirksamen Form.

Sylvia wollte zusätzlich die Suche nach ihrem Vater und dessen schicksalhaftes, viel zu kurzes Leben durch das Schreiben eines Buchmanuskripts dokumentieren.

 

1Wie sich herausstellte, hatten die Kinder nie von Onkel Otto erfahren. Weder Werner noch seine Frau Adrienne sprachen über ihn. Selbst die Mutter Marie, die Anfang 1947 zu ihrem älteren Sohn in die USA gezogen war, scheint Otto dort nicht erwähnt zu haben. Erst nach Sylvias Kontakt durchforsteten Steve Hess und seine Schwester die alten Familienunterlagen und fanden das Foto, auf dem Werner und Otto zusammen mit ihrem Vater Leopold zu sehen sind.

 

War-Office-Informationen über Otto Hess

(Brief der Archivabteilung des britischen Verteidigungsministeriums an Sylvia Skinner vom 01.10.01):

 

"...our records show the following particulars of the military service of 6387034 (formerly 13802070) Sergeant Peter Giles aka Otto Hess Queen's Own Royal West Kent

 

Enlisted into the Auxillary Military Pioneer Corps embodied Territorial Army & posted to no 3 Centre: 29.04.40

Appointed Acting Lance Corporal: 14.08.40

Posted to 165th. Company: 07.09.40

Attached to Commando Depot: 12.04.42

Posted to 10th. Commando: 26.10.42

Attached to War Office: 03.11.42

Appointed Local Lance Corporal: 29.07.43

Transferred to Queen's Own Royal West Kent alotted army number 6387034: 16.11.43

Missing North West Europe: no date recorded

Promoted Local Sergeant: 09.05.44

Killed in action North West Europe: 01.10.44

 

Service with the Colours: 29.04.40 - 01.10.44

 

Overseas Service: 21.09.44 - 01.10.44

 

Military Conduct: not recorded

 

Mentioned in Despatches: recorded London Gazette 6th June 1946

 

Medals issued etc: 1939-45 star, France-Germany star, Defence Medal, War Medal 1939-45

 

Additional recorded Information:

 

 Peter Giles: Born 2nd January 1921, Mainz/ Germany

Apparent age on enlistment: 19 years

Trade on enlistment: Clerk

Religion: Church of England

 

Otto Hess:

Enlisted Euston London

Apparent age on enlistment: 20 years

Trade on enlistment: Student

Religion: Jewish

 

Physical Description:

Height: 5ft 10 inches

Weight: 140 lbs

Complexion: Fresh

Eyes: Brown

Hair: Dark Brown

 

Next of Kin:

Brother W Hess, 1627 Jules Str, St Joseph Mo., USA

Spurensuche in Deutschland und England

Höhepunkt der Stübiger-Skinner-Kooperation war unsere gemeinsame PR-Aktion im März 2005 im "Aktiven Museum Spiegelgasse für Deutsch-Jüdische Geschichte" in Wiesbaden.

Die Aktion bestand aus einer Pressekonferenz und einer kleinen zeitgeschichtlichen Ausstellung über die Familie Hess und den so früh gestorbenen Sohn Otto. In der Ausstellung wurden die wichtigsten Dokumente der mehrjährigen Recherchearbeit in Deutschland und England gezeigt.

Die Museumsleiterin Dorothee Lottmann-Kaeseler öffnete dafür die Räumlichkeiten. Dr. Brigitte Streich, die Leiterin des Wiesbadener Stadtarchivs, unterstützte die Recherchen mit besonderem Engagement. So konnte ich in Deutschland die Hess-Familiengeschichte zu einem großen Teil sowie die Familiengräber und Ottos Lebenslauf feststellen. Nach Presseartikeln im Wiesbadener Kurier, der Bild-Zeitung und der FAZ meldeten sich zwei von Ottos Schulkameraden und stellten ein Klassenfoto zur Verfügung.

In England hatte Sylvia sogar den in ihrer Nähe in East-Sussex lebenden Lord Denis Healey um Unterstützung beim Zugang zu den offiziell immer noch gesperrten Geheimarchiven gebeten. Healy war früher Verteidigungsminister und Schatzkanzler gewesen. Für die Briten war er "der beste Premierminister, den wir nicht hatten".

Auf ihre Suchanzeige im Internet-Chronicle der Vereinigung jüdischer Flüchtlinge in Großbritannien meldete sich unter anderen die Witwe von Edgar Bender, der Ottos bester Freund in England gewesen war. Auf diese Weise bekam Sylvia einzigartige Erinnerungsstücke an ihren Vater, die Edgar Bender besessen hatte. Anrührende Fotos ihres Vaters aus der Zeit überließen ihr Brian Grant und die Kinder der Farmerfamilie Giles in Devon, die Otto damals quasi adoptiert hatten, als er im Pioneer Corps in der Nähe stationiert war. Auch sein Tarnname "Giles" war aus der Verbundenheit mit der Familie gewählt...